Ein – leider – stiller 333. Geburtstag, der aber dem bescheidenen Pädagogen und Professor für Poesie und Rhetorik in seinem Wesen entspricht
Er hätte ein ziemlich unbekannter Sohn Roths bleiben können, aber manchmal ändern Fügungen im Leben alles. Johann Matthias Gesner wird am 9. April 1691 in Roth geboren. Dann stirbt sein Vater und so muss die Mutter mit seinen 8 Geschwistern ihren eigenen Weg finden. Dass der damalige Stadtpfarrer Zuckermantel sozusagen die Familie heiratet, war so eine Fügung. Er wächst im Pfarrhaus am Kirchplatz auf; eine Tafel am Haus erinnert an ihn. Sein Stiefvater erkennt schon bald seine besonderen geistigen Fähigkeiten und sorgt dafür, dass er ans Ansbacher Gymnasium ins Internat gehen darf. Von dort geht er zum Studium nach Jena.
Ein Rother Bub wird Pädagoge, klassischer Philologe, Bibliothekar und Rektor an der Thomasschule in Leipzig. Der damalige Thomaskantor Johann Sebastian Bach ruft angeblich bei seiner Berufung nach Leipzig aus: ‚Jetzt wird alles gut!‘ Und für Gesner und Bach wird es auch eine gute und fruchtbare Zusammenarbeit, weil sie sich gegenseitig unterstützen. Aber die Leipziger Universitätsprofessoren neiden Gesners Nähe zu Bach und vor allem seinen guten Draht zum Rat der Stadt.
So fügt es sich, dass er als Professor für Poesie und Rhetorik in Göttingen berufen wird. Gleichzeitig wird er auch der Leiter der Universitätsbibliothek und setzt in beiden Ämtern – als Professor und Rektor – in der immer noch sehr spätmittelalterlich geprägten Universitätslandschaft neue Maßstäbe, wie man Bildung am besten vermitteln sollte. Er treibt sowohl für den Schulunterricht wie auch für das Universitätsstudium wichtige Reformen voran. Mit ihm verändert sich nicht nur das Studium, sondern auch die Studenten: Lust am Lernen, Lust an Bildung entsteht in seiner Nähe.
Johann Matthias Gesner hat nie ein großes Musikstück geschrieben, nie ein Kunstwerk und nie ein Bauwerk von nationaler Größe geschaffen. Er war gewiss kein Promi des damaligen Geisteslebens, kein Star im heutigen Sinn. Aber durch ihn veränderte sich die gesamte Bildungslandschaft in Deutschland. Was heute zu den Standards in der Bildung gehört, hat Johann Matthias Gesner geschaffen und möglich gemacht. Als er am 3. August 1761 in Göttingen stirbt, darf er zurückschauen auf vergangene (und vorausschauen auf zukünftige) Generationen von jungen Menschen, die dank ihm ein besseres Studium und damit eine bessere Grundlage für viele wissenschaftliche Errungenschaften späterer Zeiten erhalten haben und besitzen werden.
Von Martin Luther ist bekannt, dass er seinen Konfis gegenüber äußerte: Es war mir eine Ehre, euch unterrichten zu dürfen. Vermutlich hätte es der bescheidene Johann Matthias Gesner nicht besser sagen können.
Eberhard Hadem 9. April 2024
Foto: E. Hadem (Tafel an der westlichen Hausseite des Pfarrhauses am Kirchplatz 5)